Vor einem Jahr saßen wir in unserer Küche zusammen und haben uns gesagt:
2020 wird unser Jahr!
Nun ja, nicht dass wir uns dessen wirklich sicher waren, ganz im Gegenteil, es sah zu diesem Zeitpunkt ziemlich düster aus. Wir wussten nicht, ob wir mit unserem Konzept überleben würden. Ob wir dem finanziellen Fiasko entgehen können. Wir haben damals alle Möglichkeiten in Betracht gezogen, bis hin zur Rückkehr zur konventionellen Wirtschaftsweise. Denn für meinen Mann stand fest: er will den Hof nicht verlieren. Für mich stand fest: bloß nicht zurück!
Also war für uns klar: 2020 MUSSTE unser Jahr werden! Uns blieb gar nichts anderes übrig.
Was haben wir gezittert, gekämpft, schlaflose Nächte verbracht und gerechnet. Wir wussten nicht, ob uns die Bank erneut helfen würde, ob wir die Direktvermarktung weiter würden ausbauen können und was wir mit unseren Tieren und unserem Konzept machen sollten. Bullenkälber wieder verkaufen? Milchwirtschaft aufgeben und nur noch auf Fleisch setzen?
Und dann waren alle guten Geister auf unserer Seite: Unser Bänker, Landwirtschaftsberater und Steuerberaterin waren sich einig: ihr müsst weiter machen. Der Bänker mit der Anweisung, dass wir den Umsatz steigern müssen, unser Landwirtschaftsberater mit den Vorschlägen, wie dies möglich ist und unsere Steuerberaterin mit unseren Zahlen und das was sie uns über unsere Wirtschaftlichkeit verraten haben.
Und wir bekamen den benötigten Kredit inklusive Ratenaussetzung.
Die erste Hürde war genommen, jetzt hieß es Lösungen finden, um die Anweisungen umgesetzt zu bekommen.
Bullenkälber verkaufen war für mich nicht denkbar! Alle Kälber sollten weiterhin bei uns und an ihrer Mutter groß werden dürfen! Jede Kuh sollte Mutter sein dürfen! Nicht nur die, die ein vielversprechendes Kuhkalb bekommen.
Und die guten Geister haben uns auch weiterhin nicht verlassen. Trotz ein paar finanziellen Rückschlägen in Bezug auf die verfluchte Prämienzahlungen, mit denen wir geknebelt und abhängig gemacht werden, haben wir es geschafft, dem Markt da draußen ein Schnippchen zu schlagen. Und den erforderlichen Rahmen zu halten.
Wie wir das hinbekommen haben? Mit euch allen zusammen!
Dank all der Menschen, die dem Aufruf für die Patenschaften unserer Bullenkälber gefolgt sind und die Liste ist noch immer nicht abgearbeitet! 26 Kälber haben jetzt einen Paten, der ihnen die Milch bezahlt, die sie bei uns saufen und die wir dadurch nicht verkaufen können. Das ist eine wahnsinns Unterstützung mit der wir niemals gerechnet hätten und die uns unglaublich glücklich und dankbar macht!
Dank all der Menschen, die unsere Produkte kaufen! So konnten wir die Direktvermarktung weiter ausbauen. Immer mehr Menschen kaufen bei uns Fleisch und Wurst und seit Oktober auch unseren Käse.
Ja der Käse….. ….. ….
Das war ein schwieriges Unterfangen für das wir fast zwei Jahre gekämpft haben. Und dieses Jahr sollte es endlich klappen! Schon das allein hat 2020 zu unserem Jahr gemacht.
Ihr könnt euch nicht vorstellen wie aufgeregt ich war, als es an die Verkostung unseres ersten Käses ging!
Der Start ist nicht ganz reibungslos, aber ich hoffe sehr auf ein erfolgreiches Jahr 2021. Möge es unser Käse-Jahr werden!
Auch Dank des Wetters dieses Jahr bei uns und Andrés Intuition und wachsenden Wissen für den ökologischen Ackerbau wodurch wir eine zufriedenstellende Ernte einfahren und einen großen Teil unseres Getreides verkaufen konnten.
Dank vieler kleiner und großer Helfer, die uns auf die unterschiedlichste Art und Weise im richtigen Moment unterstützt haben.
Inklusive unserem kleinen Schlepper namens Bubi, der uns erst den Schreck eines Motorschadens eingejagt hat und dann doch nur Dreck im Tank hatte. Da gilt der Dank ganz besonders unserer Werkstatt, die diese Situation gnadenlos hätte ausnutzen können und stattdessen den gut zu verkraftenden Fehler gefunden hat.
Und ganz besonders unsere Kinder, die uns dieses Jahr so manchen Aushilfsfahrer und Lohnunternehmer erspart haben, so viel, wie sie mit angepackt haben. Und uns sogar im Herbst eine Woche Urlaub ermöglicht haben.
Und so war Corona für uns eigentlich nur ein etwas nerviger Nebenschauplatz, aber es hat unser Jahr nicht dominiert. Im Gegenteil hat es uns eher geholfen und ungewollt unterstützt.
Als das Virus im Frühjahr das Leben lahm legte, hatten wir unser persönliches „Corona“ schon fast hinter uns und waren bereit durchzustarten.
Damals schrieb ich:
„Man könnte beinahe sagen, wir haben den Zustand „Corona“ bei uns schon seit gut viereinhalb Jahren:
Das notwendige Umdenken, die Rückbesinnung zur Natur und dem Gleichgewicht der Vielfalt. Die Wertschätzung von Tieren, Pflanzen, Boden, Wasser und der Luft, die wir atmen.
Aber auch die Herausforderungen, dramatischen Probleme, Existenzängste, schlaflose Nächte mit Fragen nach dem Sinn und finanziellem Risiko und alle Zweifel und Ängste, die damit einhergehen.
Vielleicht sind wir deshalb in dieser gänzlich neuen Situation völlig ruhig. Nicht, weil wir die Gefahr nicht ernst nehmen, ganz und gar nicht, sondern weil sie uns nicht in Angst und Schrecken versetzt.
Wir haben schon einiges gemeistert was unmöglich erschien. Wir werden auch das meistern. Und ich würde gerne etwas von dieser Zuversicht in die Welt tragen, die zum einen meiner genetisch bedingten Überzeugung entspringt, dass es für alles eine Lösung gibt, die ich mir aber auch mit Schweiß und Tränen hart erarbeitet habe.“
Und wieviele Menschen hat Corona zu uns gebracht! Denn es hat nicht nur zu Katastrophen geführt, es hat auch Menschen zum umdenken bewegt und neues Bewusstsein geschaffen. Wie ein Vergrößerungsglas hat es all die Missstände aufgedeckt, die schon lange im mehr oder weniger Verborgenen schwelen. Und all den Menschen, die dadurch in ihrem Leben etwas verändert haben: DANKE!
Die Natur braucht euch!
Unser Planet braucht euch!
Die Tiere brauchen euch!
Wir brauchen euch!
Zusammen können wir wirklich etwas bewegen. Können die Welt ein Stückchen besser machen!
Jedem, der durch dieses Jahr in der Krise steckt, kann ich rückblickend auf unsere eigenen letzten fünf Jahre sagen:
Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, darf man den Kopf nicht hängen lassen!
Und so leicht daher gesagt es klingt: es ist verdammt wahr!
Aufgeben ist keine Option!
Scheitern ist eine Option.
Aufgeben nicht!
Haltet zusammen, seid kreativ und glaubt an euch selbst und an eure Sache. Wenn es sich hundertprozentig richtig anfühlt, dann ist es auch richtig und dann wird es auch weiter gehen, weil es weiter gehen muss.
Wir sind finanziell noch nicht über den Berg und wir werden mit unserem Hof sicherlich immer am Existenzminimum leben, aber solange wir weiter leben und unser Konzept erhalten können, sind wir glücklich und zufrieden und blicken voller Zuversicht auf das neue Jahr!
Möge es kommen mit seinen Herausforderungen und Aufgaben, die es uns stellen wird. Das Leben ist wunderbar! Von einfach war nie die Rede. Wäre ja auch irgendwie langweilig. 😉
In diesem Sinne kommt gut rüber und bleibt uns treu! 🍀🙏🐮❤
Auf dem Foto Lordi, eines unserer vielen Bullenkälber, das Dank der Unterstützung unserer Paten, bei uns auf dem Hof aufwachsen kann. 🐮❤